Komposite-Füllung in Schmelz-Dentin-Adhäsivtechnik

Kunststoff galt lange als unzureichender Amalgamersatz. Heute gibt es jedoch moderne Hightechverbundwerkstoffe, die den früheren Füllmaterialien weit überlegen sind. Diese so genannten Komposite bestehen nur noch zu etwa 20% aus Kunststoff. Den Hauptanteil des Füllmaterials machen kleinste Glas-, Quarz- und Keramikpartikel aus. Dadurch ist es sehr viel stabiler. Eine hochwertige Kunststoffrestauration kann durchaus bis zu vier Jahre und länger halten.
Den gesunden Rest des Zahnes muss der Zahnarzt dafür im Vergleich zur Amalgamfüllung nur wenig oder gar nicht beschleifen. Dies entspricht der heute geforderten minimalinvasiven Behandlungsmethodik .
Die modernen Komposite stehen zudem in verschiedenen zahnsubstanzähnlichen Farbabstufungen zur Verfügung. Sie eignen sich deshalb natürlich besonders gut für hoch ästhetische Füllungen im sichtbaren Bereich der Zahnreihen.

Infolge der starken Weiterentwicklung der Füllungswerkstoffe ist es nunmehr möglich, Kunststoff-Füllungen auch im Kauflächenbereich der Seitenzähne als definitive Versorgung einzusetzen. Dadurch kann vielfach auf das umstrittene Amalgam verzichtet werden.
 



Vorher:
Alte Zementfüllung am ersten Backenzahn



Nachher:
Kompositefüllung am ersten Backenzahn,
Fissurenversiegelung an den Nachbarzähnen

 

Ermöglicht wird dies durch die Entwicklung neuer Verbundsubstanzen (sog. Dentinadhäsive) und neuer Kunststoffe (sog. Feinhybrid- bzw. Nanofüller-Komposite) , die eine genügend hohe Haftkraft an der Zahnsubstanz bzw. eine ausreichend hohe Abriebsbeständigkeit aufweisen. Infolge der rasanten Weiterentwicklung wird in Zukunft wahrscheinlich ganz auf den Einsatz von Amalgam verzichtet werden können.

Die Herstellung solcher Komposite-Füllungen kann dabei nur dann als optimal und damit als definitiv bezeichnet werden, wenn die Komposite adhäsiv mit der Zahnsubstanz (Schmelz und Zahnbein= Dentin) verbunden wird. Nur dadurch lassen sich Randspaltentwicklungen und damit die Bildung neuer Karies unter der Füllung vermeiden. Deshalb muss sowohl der Schmelz als auch das Dentin vor dem Füllen durch Anätzung „angerauht werden“ , um anschließend über sog. Dentinadhäsive und weitere Haftvermittler (sog. Bonder) einen randdichten Verbund zum Komposite herzustellen.
Dies muss unter absoluter Trockenheit geschehen, da ansonsten der Verbund Fehler aufweisen könnte. Außerdem muss das Komposite in kleinen Portionen schichtweise in die Kavität eingebracht werden, um die bei der Aushärtung der Kunststoffe entstehende Schrumpfung (ca. 1,5-2,3 Vol. %) und die damit verbundenen Randspaltbildung so gering wie möglich zu halten.

Neben den ca. 4-5 Mal höheren Materialkosten erfordert die Komposite-Füllung in der o. a. beschriebenen Schmelz-Dentin-Mehrschicht-Adhäsivtechnik einen ca. 5-6 Mal so großen Zeitaufwand bei der Anfertigung im Vergleich mit der konventionellen Amalgam-Füllung. Bei ästhetisch besonders anspruchsvollen Frontzahnrestaurationen kann der Zeitaufwand auch erheblich größer sein.

Einsatzbereiche sind:

1. kleinere Zahnlöcher (=Kavitäten) im Seitenzahnbereich sowie alle Füllungen an Frontzähnen ( Haltbarkeitsdauer ca. 3-6 Jahre ; Langzeitstatistiken existieren noch nicht)

2. Aufbau stark zerstörter Zähne als Vorbereitung vor einer Überkronung (bester Verbund zwischen Zahnsubstanz und Komposite durch Verklebung/ Amalgam oder Zemente werden nur mechanisch im Zahn verkeilt)

3. Als Langzeitprovisorium (ca. 1-3 Jahre) zur Zeitüberbrückung

Vorteile der neuen Technik sind:

1. Der Füllstoff Komposite unterliegt nicht wie das Amalgam der Korrosion, es werden daher auch keine Metallionen (wie z.B. Quecksilber) freigesetzt.

2. Der Zahn muss nicht so stark beschliffen werden wie bei einer Amalgamfüllung, dadurch wird gesunde Zahnsubstanz geschont (= minimal-invasive Fülltechnik).

3. Das zahnfarbene Aussehen ermöglicht eine natürliche Ästhetik.

4. Die Fluoridabgabe der Komposite erzeugt eine Rückhärtung der gesunden Zahnsubstanz und schützt dadurch zusätzlich vor erneuter Kariesbildung im Randbereich der Füllung.

Nachteile:

1. Wie alle Fremdstoffe können auch Komposite im menschlichen Organismus Allergien auslösen. Diese sind jedoch äußerst selten.

2. Es existieren keine Langzeitstudien (über 10 Jahre) über die neuen Werkstoffe. Die bisherigen Studien sind jedoch viel versprechend.

Abrechnung:

Kassenpatient:
Gesetzlich Versicherte haben nur Anspruch auf die Abrechnung der o. a. Komposite-Füllungen über die Versichertenkarte, wenn sie dem behandelnden Zahnarzt vor Behandlungsbeginn den Nachweis einer echten Amalgamallergie oder einer schweren Niereninsuffizienz durch Attest des entsprechenden Facharztes überbringen.

Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, so hat der gesetzlich Versicherte nur Anspruch auf Versorgung mit einer Amalgamfüllung oder einer Zementfüllung im Seitenzahnbereich bzw. einer Standard-Kunststofffüllung im Frontzahnbereich ohne Dentinadhäsion und ohne Schichtung.
Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen dennoch eine darüber hinausgehende Versorgung, so haben sie gemäß § 28 Abs. 2 Sozial-Gesetzbuch V die Mehrkosten selbst zu tragen. Daher wird bei der Anfertigung einer Komposite-Füllung in Schmelz-Dentin-Mehrschicht-Adhäsiv-technik eine sog. Mehrkostenvereinbarung getroffen.

Wünscht der gesetzlich Versicherte einen Austausch intakter alter Amalgam-Füllungen gegen Komposite-Füllungen, so muss er die Gesamtkosten selbst tragen.

Privatpatient:
Da bei Privatpatienten eine für die Komposite-Füllung in Schmelz-Dentin-Mehrschicht-Adhäsiv-technik zutreffende Gebührenposition in der privaten Gebühren-Ordnung für Zahnärzte (GOZ) wegen völliger Veraltung des Gebührenkataloges (15 Jahre alt) fehlt, können diese Leistungen nur nach § 6 Abs. 2 der GOZ entsprechend einer nach Art, Zeit- und Kostenaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden.

Als Analogpositionen kommen die GOZ-Positionen 215 bis 217 für eine Einlagefüllung unter Berücksichtigung eines individuellen Steigerungsfaktors in Betracht. Diese Abrechnungsweise wird durch zahlreiche Gerichtsurteile bestätigt.
Da auch bei Privatpatienten eine vollständige Erstattung (Beihilfen, Versicherung) nicht immer gewährleistet ist, erhalten diese ebenfalls eine Kostenvereinbarung bei der Anfertigung.

Bitte wenden Sie sich bei weiteren Fragen vertrauensvoll an mich oder an mein Praxisteam .

Ihr Zahnarzt
Dr. med. dent. Helmut Rieß